KRISENFIT

Projekthintergrund

In den letzten Jahren haben sich die Rahmenbedingungen für das Krisenmanagement in Deutschland erheblich verändert. Angesichts einer Vielzahl von Herausforderungen, darunter etwa die COVID-19 Pandemie oder die Hochwasser- und Starkregenereignisse in Westdeutschland 2021, ist es unerlässlich, dass insbesondere Kommunen über robuste Strukturen und Prozesse verfügen, um effektiv auf Krisensituationen reagieren zu können. Die Komplexität dieser Krisenszenarien erfordert ein hohes Maß an Koordination und Kommunikation zwischen unterschiedlichen Ebenen der Verwaltung, Sicherheitsorganen sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren. Kommunalverwaltungen als untere Katastrophenschutzbehörden stehen dabei im Mittelpunkt, da sie im Bereich des Krisenmanagements in ein horizontales und vertikales Netzwerk eingebunden sind. Aufgrund der Komplexität der Krisenbewältigung ist eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren entscheidend für ihren Erfolg. Die Schnittstellen zu diesen Akteuren erfordern krisenorientierte Koordinations- und Kooperationsansätze, die auf klaren Rollen, gegenseitigen Erwartungen, eindeutigen Zuständigkeiten und flexiblen Kommunikationsprozessen basieren. Dies gestaltet sich jedoch oft schwierig, wenn die eigenen Ressourcen und Möglichkeiten des Krisenmanagements nicht bekannt sind oder nur „auf dem Papier“ existieren. Zentrale Aufgabe der Kommunalverwaltungen ist es, die Sicherheit der Bürger*innen zu gewährleisten, während sie gleichzeitig ihre regulären Verwaltungsaufgaben aufrechterhalten müssen. Diese doppelte Verantwortung führt häufig zu erheblichen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Identifikation und Verfügbarkeit von personellen, technischen und organisatorischen Ressourcen. Sich verändernde Krisenszenarien erfordern nicht nur eine Neueinschätzung bestehender Strategien, sondern auch die Entwicklung innovativer Ansätze zur Stärkung der kommunalen Resilienz. Ein zentraler Aspekt der Krisenbewältigung ist die Fähigkeit, Risiken zu identifizieren und auf neue Bedrohungen flexibel zu reagieren. Dies erfordert eine umfassende Analyse der bisherigen Krisenerfahrungen sowie eine Betrachtung zukünftiger Szenarien. Es gilt, ein System zu etablieren, das nicht nur auf akute Krisen reagiert, sondern auch präventive Maßnahmen und langfristige Strategien zur Risikominderung umfasst.

Das Projekt KRISENFIT „Krisenfitte Kommunalverwaltungen – Strategien und Instrumente zur Vorbereitung auf multiple Lagen” geht auf die steigenden Bedürfnisse an das Krisenmanagement ein, indem es Kommunen dabei unterstützt, ein umfassendes Verständnis ihrer eigenen Ressourcen und Fähigkeiten zu entwickeln. Durch die Umsetzung geeigneter Strategien und Instrumente zur Aufrechterhaltung und Stärkung ihres Krisenmanagements und ihrer Resilienz wird eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung gefördert. Die Kombination von Krisenmanagement und Resilienz, die im Folgenden als „Krisenfitness“ bezeichnet wird, bildet die Grundlage für die Fähigkeit der Kommunen, proaktiv zu handeln und flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Entwicklung eines Krisenfitness-Selbstevaluierungstools gelegt, das den Kommunen ermöglicht, ihre Handlungsfähigkeit in Krisenszenarien zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die Erkenntnisse aus dem Projekt sollen dazu beitragen, die kommunalen Verwaltungsstrukturen an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen und die Rolle der Kommunen als zentrale Akteure im Krisenmanagement zu stärken. Die zentrale Forschungsfrage des Vorhabens lautet daher wie folgt: Wie fit sind kommunale Verwaltungen im Hinblick auf die Bewältigung komplexer Lagen und wie lässt sich die Krisenfitness kommunaler Verwaltungen steigern?

Arbeitsprogramm

Das Verbundprojekt KRISENFIT gliedert sich in fünf Arbeitspakete (AP), die inhaltlich bei den kommunalen Anforderungen und Sichtweisen ansetzen und sich von AP zu AP hinsichtlich der betrachteten Perspektiven und der räumlichen Breite erweitern. Damit wird sichergestellt, dass die zentralen Forschungsfragen zur kommunalen Krisenfitness entlang realistischer kommunaler Bedarfe strukturiert abgearbeitet werden sowie praktikablen Möglichkeiten zur Erhaltung und Erhöhung dieser Krisenfitness nachgegangen wird.

Arbeitspaket 1: Szenarienanalyse und Resilienzbewertung: Grundlagen für eine realistische Selbsteinschätzung

Die Erhebung des Ist-Zustandes der kommunalen Resilienz und des kommunalen Krisenmanagements auf Basis der eigenen Einschätzungen der Beispielkommunen liefert erste Einschätzungen der gegenwärtigen Krisenfitness. Dazu werden leitfadengestützte Interviews durchgeführt und die Dokumenten- und Rechtslage erstmals analytisch erfasst. Das Arbeitspaket sieht die Erarbeitung eines Szenarienkatalogs inkl. kommunaler Priorisierungen anhand einer Szenarienanalyse und der anschließenden Resilienzbewertung vor.

Arbeitspaket 2: Schnittstellen und Kooperation: Zusammenarbeit von Verwaltungen und dem externen kommunalen Netzwerk

In AP 2 sollen die Erwartungen und Anforderungen an das kommunale Krisenmanagement sowie die Fremdwahrnehmung der kommunalen Resilienz und der Kommune als untere Katastrophenschutzbehörde anhand der Stakeholder der Beispielkommunen ermittelt werden. Es wird zwischen Stakeholdern, d. h. den Verwaltungen auf Landes- und Bundesebene, dem externen kommunalen Netzwerk aus weiteren Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), regionalen Unternehmen und Betreibern kritischer Infrastrukturen (KRITIS), sowie zivilgesellschaftlichen Anspruchsgruppen wie z. B. betroffene Bevölkerung und Spontanhelfenden unterschieden. Die Erhebung erfolgt mithilfe eines Online-Fragebogens.  Es folgt die Visualisierung des kommunalen internen u. externen Netzwerkes anhand einer Netzwerkanalyse.

Arbeitspaket 3: Resilienz im Fokus: Entwicklung eines Selbstevaluationstools für kommunale Krisenfitness

Die kommunalen Vollpartner werden einer vergleichenden Analyse im Hinblick auf Stärken, Schwächen, Schnittmengen, Grenzen und Unterschiede im kommunalen Krisenmanagement unterzogen. Zentrales Ziel ist die Entwicklung eines modular aufgebautem, excelbasiertem Selbstevaluationstools (SET) für die Krisenfitness von Kommunalverwaltungen, welche anhand von festgelegten Indikatoren und Messspektren erfolgt.

Arbeitspaket 4: Wissenserhalt und Kompetenzentwicklung: Konzepte für den langfristigen Fähigkeitserhalt von kommunalen Verwaltungen

Das AP 4 sieht die Entwicklung von Angeboten für die Erhaltung und Steigerung der kommunalen Krisenfitness vor. Die Erarbeitung von didaktischen und pädagogischen Konzepten zum Wissenserhalt dient zur Entwicklung von Kompetenzen für den kurz- und langfristigen Fähigkeitserhalt von kommunalen Verwaltungen sowie zur Stärkung der Kommunalverwaltung als Krisenmanagerin und KRITIS in der Selbst- und Fremdwahrnehmung. Ziel ist es, Handlungsempfehlungen zu Bildungsbausteinen mit konkretem Bezug zum SET und modulspezifische Empfehlungen zur Erhöhung/Erhaltung des Krisenfitnesslevels festzulegen.

Arbeitspaket 5: Brücken bauen: Wissenstransfer und Kooperation zwischen kommunalen Verwaltungen und externen Akteuren für eine gestärkte Krisenfitness

AP 5 dient dem kontinuierlichen Ergebnistransfer zwischen Wissenschaft und Praxis und wird insbesondere dazu genutzt werden, das SET sowie die zugehörigen Leitfäden und Bausteine bundesweit in Kommunen zu streuen, z. B. durch Multiplikator*innen-Workshops, einer Webinarreihe und einer Fachkonferenz.

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